Was für eine Nacht und was für ein Start in den Tag. Ich stehe um 5 Uhr auf, weil das Zelt am Ufer eines kleinen Sees steht, an dem campieren ausdrücklich verboten ist. Geschlafen haben habe ich soweit ganz gut.
Also los geht’s Zähneputzen und Katzenwäsche im Bach. Brrr nasskalt! Ich lasse mir Zeit, da so früh eh noch nichts offen hat. Das Zelt und meine Klamotten sind feucht.
So mache ich mich gegen 6 Uhr auf die letzten Meter nach Moudon in der Vaud (Waadtland).
Dort finde ich eine Tankstelle mit Café und stelle fest, dass ich bei weitem nicht die einzige bin, die so früh ein koffeinhaltiges Heißgetränk braucht. Es ist rappelvoll hier.
Irgendwie schön, nicht so alleine zu sein.
War schon frustrierend gestern kein Zimmer zu bekommen und nass draußen schlafen zu müssen. Ich bleib eine Stunde sitzen und wärme mich richtig auf. Das tut so gut.
In der Kirche hole ich mir einen Stempel und folge dem Jakobsweg den Berg hinauf, bis an den höchsten Punkt der Stadt. Von da geht s wieder bergab ins Tal der Broye und ein gutes Stück am Fluss entlang und wieder hinauf bis Vaucheres, mit einer schönen alten Kapelle.
Ich krieg heut irgendwie nicht viel mit, laufe wie in Trance vor mich hin und beschließe bald Feierabend zu machen. Also runter in den nächsten Ort Ussieres und von dort wieder rauf bis Chalet a Gobet, wo es eine Zeltplatz gibt.
Ich mobilisiere meine letzten Kräfte und freue mich, dass bald Schluss ist und ich die Füße hochlegen kann.
Doch was für eine Enttäuschung, die Rezeption hat ausgerechnet heute am Dienstag geschlossen.
Dann muss ich wohl oder übel weiter.
Nach Epalinges geht es wieder runter und mir brennen Schultern, Rücken und Füße. Dort gibt es auch keine freien Zimmer mehr und ich bin kurz davor zu heulen. Also rufe ich in Lausanne an und bekomme das letzte Zimmer im Backpackers und das auch nur, weil ich sofort mit Kreditkarte bezahle.
Ich trockne noch schnell mein Zelt auf einer Parkbank an der Straße. Sehr zur Freude der örtlichen Kindergartenkinder, die an mir vorbeispazieren und mich freundlich grüßen. Die Erzieherin erklärt ihnen, dass ich eine Pilgerin bin und ich bin stolz, dass ich doch so viel Französisch wie ein Kleinkind verstehe.
Das motiviert mich wieder und ich straffe die Schultern, schließlich bin ich eine Pilgerin und kein Jammerlappen.
Wenn ich es einfach gewollt hätte, hätte ich zu Hause bleiben können
Da wüsste ich wo ich schlafe. Also frischen Mut gefasst. Ich wollte ein bisschen mehr Abenteuer und hier ist es.
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich bin so am Ende, dass ich die Metro zum Hauptbahnhof nehme. Von dort ist es nicht weit in die Unterkunft und ich komme völlig erschlagen an.
Nach dem Einchecken belege ich den Waschraum erst mal eine Stunde, um mich frisch zu machen, wasche meine Wäsche in einer Waschmaschine und ziehe dann gestärkt los in die Stadt.
Und dann bin ich wieder ganz die Alte, voller Tatendrang und Freude am Entdecken. Lausanne gefällt mir wirklich ausgesprochen gut mit dem Blick auf den Lac Leman und den kleine Straßen die sich den Berg hinauf schlängen.
Ich tauche ein in eine angenehm warme Nacht und lasse mich treiben. Nach einem wunderbarem Essen im Vapiano, kehre ich etwas beschwipst, aber glücklich erst nach zehn ins Zimmer zurück, wo die drei Herren, mit denen ich mir das Zimmer, teile schon schlafen.
La vita est belle!
Wenn wir uns gestatten, es so zu genießen wie es ist und uns gestatten das Beste aus allem zu machen.
Bon soir, mes amis.