Jakobsweg II – Tag 3 – Irun – Donatia/San Sebastian

Jakobsweg II – Tag 3 – Irun – Donatia/San Sebastian

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Ich wache früh auf und bin voller Tatendrang. So schnell es geht mache ich mich fertig, damit es endlich wieder losgehen kann und mir wieder alles von der Seele zu laufen. Die neue Isomatte macht das schlafen draußen gleich wieder um einiges angenehmer.

Das Gehen ist mit weniger Gepäck deutlich angenehmer, der Rucksack hatte 9 kg beim Ceck-In am Flughafen. Mit dem was ich als Handgepäck hatte und Wasser und Nahrung komme ich jetzt wohl insgesamt auf 12 kg. Das ist immer noch viel, aber echt machbar.

Bevor ich loslaufe, lese ich meine heutige Übung in den Exerzitien.

Au wei, ich soll mir alle meine Sünden bewusst machen und aufschreiben. Da bin ich ja in einer Woche noch nicht fertig und laufen brauche ich dann auch nicht. Ich mache mich also auf und weiß nicht recht, wie ich diese Herausforderung angehen soll.

Ehrlich gesagt habe ich auch Angst davor, dass mich das runterzieht und ich deswegen zusammenklappe und gar nichts mehr hinkriege. Der Weg nimmt mir das denken erst mal ab. Es geht so steil bergan, dass ich alle Kraft und Konzentration dafür brauche.

Oben werde ich mit einer überragenden Aussicht auf Irun und Umgebung belohnt und sehe endlich auch das Meer.

Der Weg hat mich wieder.

Ich setzte mich auf einen Felsen hoch über der Stadt nahe einem alten Wehrturm und lasse mir mein Frühstück schmecken; iberischer Schinken, Salchichon und Schafskäse. Was für ein Hochgenuss, das ist für mich das Paradies auf Erden.

Weiter geht es auf einem Bergrücken entlang, durch Pferde- und Schaafweiden, immer mit Blick auf den Atlantik. Es ist wirklich noch schöner als in meinen Träumen. Das ist es, dafür habe ich alles aufgegeben und es war das beste, das ich tun konnte.

Sündigen fängt doch immer im Kopf an?

Wenn ich aufhöre im Einklang mit mir selbst und dem Leben zu sein, wenn ich keine Freude mehr habe und vergesse, dass ich geliebt bin.Sünde ist für mich zu denken, dass ich von anderen getrennt bin und sie meine Feinde sind und auch das Leben mich bestrafen will.

Im Moment nennt man das ganz allgemein Depressionen. Ich bin wild entschlossen nicht weiter zu sündigen und lege mich mit diesem Gedanken im Schatten der zahlreichen Wehrtürme für ein Mittagsschläfchen ab, bevor ich mich an den Abstieg nach San Sebastian mache.

Was für ein Anblick erwartet mich, was für ein wundervoller Weg entlang der Küste.

Ich bin sprachlos und würde einfach gerne ewig hierbleiben. Der Weg ist steil und ein bisschen gefährlich ist er auch, sodass ich gut aufpassen muss. Das ist es was mich so lebendig fühlen lässt, ganz mit der Konzentration im Augenblick zu sein.

Unten angekommen genehmige ich mir den ersten Kaffe des Tages in einem idyllische gelegenem Kiosk mit Blick auf die Bucht. Riesige Schiffe ziehen an mir vorbei und ich denke mir was wir Menschen doch erreichen können wenn wir es wirklich wollen und ein einzelner Mensch hat das Kommando.

Wenn das dort möglich ist muss ich das auch schaffen können. Vielleicht nicht auf einem Schiff, aber eben auf meine Weise.

Das was ich im Moment tue ist für mich auch etwas richtig großes und bedeutsames.

Ich spüre die Veränderung jeden Tag ein bisschen mehr. So viel Selbstbewusstsein und Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten hatte ich noch nie. Jedes Mal, wenn etwas nicht funktioniert und jemand nicht wie versprochen für mich da ist, wachse ich über mich hinaus und stelle fest wie gut ich und mich selbst bauen kann.

Dabei kämpfe ich nicht mehr, ich konzentriere meine Kraft und mache den nächsten Schritt nach vorne. Beschwingt geht es weiter mit dem Boot über die Meerenge auf die andere Seite und von dort entlang der Küste auf malerischen Wegen nach San Sebastian. Dort führt mich mein erster Weg sofort an den Strand. Das kann ich mir nicht entgehen lassen nachdem ich in Frankreich bei der Hitze tagelang von einem Pool geträumt habe.

Das Wasser ist herrlich und ich lasse mich von den Wellen schaukeln.

Leider ist das Vergnügen von kurzer Dauer. Das Wetter schlägt um und ich packe zusammen und suche den Camino, der glücklicherweise am Strand entlangzog führt.

Unterwegs habe ich jemanden getroffen, der in die andere Richtung unterwegs war und mir eine Alberge empfohlen hat die ich jetzt mit Hilfe des GPS im Handy ansteuere. Etwas derangiert komme ich dort an und froh, dass ich so spät (es ist schon acht) noch ein freies Bett gefunden habe, auch wenn es eine Massenunterkunft mit ca. 40 Betten in einem Raum ist.

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