Jakobsweg II – Tag 5 – Zumaia – Deba – Arnoate

Jakobsweg II – Tag 5 – Zumaia – Deba – Arnoate

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Ich hatte heut morgen den schönsten Sonnenaufgang, den man sich vorstellen kann. Es war allerdings ganz schön kalt, so dass ich mich nicht so lange draußen aufgehalten habe. Stattdessen habe ich gepackt und dabei festgestellt, dass das Zelt kaputt ist.

Nicht schlimm, aber es hat ein kleines Loch. Bei der ersten Rast habe ich dann festgestellt, dass mein Messer weg ist und das hat mich eine ganze Weile beschäftigt. Eigentlich hatte ich mich nur hingesetzt um mir darüber klar zu werden, ob ich dem Jakobsweg durchs Landesinnere folge oder einen Wanderweg an der Küste entlang nehme.

Dabei dachte ich, kann ich auch gleich frühstücken.

Das war dann auch nicht mehr wirklich ein Genuss. Unbeschreiblich was da in mir abgelaufen ist, ja ich hab das Messer von meiner Mutter, ja es war den ganzen Weg bei mir und ja es war sehr praktisch und scharf. Dieses Gedankenkarusell hat mich so viel Energie gekostet, dass ich fast unfähig war eine Entscheidung zu treffen, wie es weitergehen soll.

Im Grunde bin ich dann 3 Deutschen
nachgelaufen, über die mich innerlich furchtbar aufgeregt habe, anscheinend, weil es denen gut ging und sie nicht meine Probleme hatten und sich über unwichtiges Zeug lautstark unterhalten haben. Meiner Meinung nach jedenfalls.

Der Weg an der Küste entlang stellte sich als hervorragende, allerdings anstrengende Wahl heraus

mit einem atemberaubenden Blick auf die Küste. Vor San Sebastian war ich dem Camino gefolgt und über Teerstrassen in die Stadt gekommen, anstatt an der Küste weiterzulaufen. Mein Kopf war beschäftigt mit: Wo habe ich es verloren? Warum habe ich es verloren?

Bis mir irgend wann klar wurde, dass ich schon wieder mein Herz an Dinge hänge und Ihnen einen Wert gebe und mir gedanklich vormache sie seien unersetzbar und ihr Verlust eine Tragödie. Unter einem Feigenbaum sitzend habe ich beschlossen mir einfach ein neues zu kaufen und diesen Tag zu genießen.

Ich bin immer wieder erstaunt, was mein Denken mit mir macht, wenn ich nicht aufpasse.

Ich werde grundlos wütend auf Menschen, die ich nicht mal kenne und die mir nichts getan haben. Meinem Verstand solche Auswüchse zu glauben und mir erlauben frustriert und ärgerlich zu sein, im Grunde wegen nichts, führt dann im Alltag zu Handlungen bei denen ich Menschen angreife, die mir nahestehen.

So betrachtet ist es schwachsinnig sich so gehenzulassen und Menschen, die ich liebe vor den Kopf zu stoßen. Stattdessen grüsse ich die Mountainbiker die an mir vorbeifahren freundlich und stelle fest, dass ich mein erstes baskisches Wort Aupe gelernt habe. Das heißt Hallo.

Das Rauschen des Meeres beruhigt meinen Geist und ich weiß wieder was ich will und wer ich bin.

Kann ich es ändern? Nütz es etwas dem hinterher zu trauern? Die Antwort ist denkbar einfach. Nein!

So jetzt lerne ich wieder etwas Neues. Wie kaufe ich ein Messer in Spanien.
Die Verkäufer in Deba sind sehr nett, auch wenn der Chinese mich erst nicht versteht und der Supermarkt hat Plastikgabeln, aber keine Messer. Dafür hilft mir der Verkäufer eine gute Avocado zu finden. Echt nett! Und in 2. chinesischem Laden gab es ein Messer. Kein tolles, aber ein Messer.

Den Hauptweg habe ich auch wiedergefunden! Ich glaube ich gehe jetzt an den Strand und dusche mich erst mal. Überall wo gebadet wird, ob an Seen oder am Meer findet der Outdoor- Pilger Gelegenheit zum duschen. Was für eine Wohltat, die erste Dusche mit warmem Wasser in Spanien und 1,30 ist echt ok.

Es gibt laut meinem Reiseführer einige Bezeichnungen für Pilger:

Sonntagspilger, Buspilger, Blümchenpilger und Kerkelings,

wobei den einen unterstellt wir, dass sie es sich so bequem wie
möglich machen was Unterkunft, Essen usw. angeht, die anderen schon mal den Bus nehmen, die nächsten ständige stehen bleiben, um die Natur betrachten und Bilder zu machen und natürlich die Gattung der Pilger, die nur wegen dem Buch von Hape hier sind. Dem echten Pilger sind sie ein Dorn im Auge und Anlass zu Spott und Hohn.

Ich muss gestehen, ich mache es mir zwischendurch auch bequem und esse gerne gut, den Bus habe ich auch schon genommen, auch den Zug und diverse Schiffe und ein Boot, außerdem mache ich oft Bilder und genieße die Natur; du kannst mich zu verschiedenen Uhrzeiten schlafend irgendwo in der Wiese oder unter einem Baum finden, am Strand oder andächtig an einem schönen Ort vor mich hinstarrend.

Einmal am Tag trinke ich bestimmt irgendwo Kaffee oder ein Bierchen. Manchmal wundere ich mich selbst wie so viele Kilometer am Tag laufen kann. Ich glaube es liegt daran, dass ich früh aufwache und loslaufe, ich mache viele Pausen und laufe bis spät in die Nacht.

Das wichtigste für mich ist, dass ich immer wieder Spaß habe.

Am liebsten bin ich den ganzen Tag draußen und rede nicht viel, abends kann ich dann quatschen wie ein Wasserfall und bei dem ein oder anderem Gläschen Rotwein recht ausgelassen sein. Ich singe oder tanze schon mal beim laufen. Ich nehm auch mal den schweren Weg und kämpfe mich auf steilen steinigen Pfaden entlang, weil ich es so will und die Aussicht es mir wert ist.

Ich gehe aber auch gerne in Kirchen und spreche ein Gebet. Ich glaube das schlimmste für mich ist, wenn jeden Tag alles gleich ist. Ich liebe Abwechslung und die Herausforderung aus allem das beste zu machen. Und ich pilgere eben so wie ich bin Und heute Nachmittag verbringe ich am Strand in Deba bei herrlichstem Sonnenschein und laufe erst gegen Abend wieder los.

Es geht wieder gut bergauf

und nach ein paar Kilometern erreiche ich gegen sieben eine wunderschöne Alberge mit Blick übers weite Land. Hier hole ich mürbsten Stempel für den heutigen Tag und ein Bierchen und setzte mich in den Garten, um den Ausblick zu genießen.

Danach ziehe ich los mal wieder auf der Suche nach einem guten Schlafplatz. Ich bin noch nicht weit gekommen, als es zuzieht und sehr nach Regen aussieht. Umkehren ist keine Option. Stattdessen checke ich den Führer nach Möglichkeiten Unterschlupf zu finden und finde etwas Vielversprechendes. Ein alter überdachter Waschplatz mitten im nirgendwo. Ich gebe also ordentlich Gas, da ich noch ordentlich zu laufen habe. Nach zwei Stunden und pünktlich zu Einbruch der Dunkelheit bin ich endlich da und es sieht wirklich gut aus.

Mal wieder Glück gehabt.

Total erschöpft mache ich alles fertig und schlafe mit Isomatte auf einer alten Stein Bank, die gerade breit genug für mich ist ein. Vorher brauche ich allerdings dringend noch Oropax, da sich neben mir ein großer Brunnen mit Quelle befindet und ich befürchte, dass ich sonst ständig aufs Klo muss.

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