Jakobsweg II – Tag 6 – Arnoate – Zenarruza

Jakobsweg II – Tag 6 – Arnoate – Zenarruza

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In der Nacht Ist es mal wieder echt grenzwertig von der Temperatur her und ich bin wieder mal froh um meinen tollen Schlafsack. Der Morgen ist grau und nasskalt. So richtig schönes Morgengrauen. Es ist schon sieben und noch ziemlich finster.

In der Nacht hat es immer wieder geregnet und der Wind hat den ganz feinen Regen durch ein Fenster hereingedrückt. Trotzdem war die Nacht alles in allem gut. Ich kann mir heute Zeit lassen, da so früh wohl noch niemand vorbeikommt und in dem Bauernhaus schräg gegenüber rührt sich auch noch nichts.

Beim Packen stelle ich fest, dass irgendein Tier mein Brot angefressen hat.

Ich hatte mir das abends noch überlegt, dass es vielleicht keine gute Idee ist Nahrungsmittel rumliegen zu lassen. Anderseits ist es mir lieber sie zerstören nur die Tüte und nich meinen Rucksack. Ich bin nur froh, dass ich Propaganda drin hatte. Ich wäre bestimmt furchtbar erschrocken von dem Geraschel, so hab ich nix gehört.

So jetzt aber mal los damit mir wieder warm wird. Mittlerweile halte ich was Temperaturen abgeht einiges aus und friere nicht mehr so schnell und auch Hitze kann ich besser ab. Trotzdem gibt es nach wie vor einen Komfortbereich und heute Morgen ist der unterschritten.

Morgens und abends sehne ich mich ehrlich gesagt schon manchmal nach Gesellschaft.

Es machtdoch einiges leichter, wenn ich jemanden um mich habe. Hier gibt es Wildschweine im Wald und das macht sogar mir etwas Angst. In der nächsten Stadt gibt es erst mal Kaffee und dann holt mich der Stress von zu Hause wieder ein.

Dieses Handy ist echt Fluch und Segen gleichermaßen.

Ich sehne mich danach wieder wie vor zwei Jahren in der Schweiz fast ganz ohne Kontakt nach Hause oder generell zu anderen Menschen zu pilgern. Wie in Trance verlasse ich die Stadt und finde kaum den Weg.

Ich kann mich nicht mal mit dem beschäftigen was da schon wieder passiert ist.

Wie sehr wir Menschen uns doch wegen Nichtigkeiten hassen können und es trifft mich immer wieder unerwartet hart, wenn ich es von Menschen zu spüren bekomme, die mir etwas bedeuten. Ich bestelle Essen, ohne zu wissen was ich genau bekomme. Heute waren es Makkaroni mit Chorizo, Scaloppine und Pudding.

Jetzt bin ich so voll, dass ich nicht weiß, ob ich den Anstieg zum Kloster noch schaffe. In den letzten Tage fällt mir immer öfter auf, dass ich mich selbst damit unglücklich mache indem ich mir einrede, dass andere es schöner oder leichter haben. Das trennt mich von den Menschen, weil ich mich dann aus Schmerz vor ihnen verschließe.

Ich bilde mir ein, dass es leichter wäre, nicht alleine, sondern mit einem Partner unterwegs zu sein

Dass andere immer den leichteren Weg finden oder die bessere Unterkunft. Ehrlich gesagt geht mir das langsam ganz schön auf die Nerven. Ich will den Weg und mein Leben genießen und so funktioniert das einfach nicht.

Antonio, der Hospitalero ist über 100.000 Kilometer gelaufen und zeigt mir stolz eine Mappe mit Zeitungsartikeln über ihn. Hier ist er jetzt geendet, leicht überfordert mit der ganzen Situation und irgendwann ziemlich betrunken.

Ich frage mich zu x-ten Male, ob ich nicht einfach nur weglaufe und ob ich die Erfahrungen, die ich hier mache in meinen Alltag integrieren kann. Erst arbeite ich noch und unterhalte mit mit einem Amerikaner, dann setze ich mich zu ein paar anderen Deutschen und wir trinken noch was zusammen.

Irgendwann gegen neun schmeißt der Chef die Lichtorgel an legt fetzige Partymusik auf.

Der ganze Laden riecht derartig nach Gras, dass ich denke ich bin in Holland im Coffeeshop gelandet. Dann gibt er uns noch einen aus, wir sind nur noch zu dritt, die anderen sind brav ins Bett.

Er erklärt uns dass er Baske ist und das hier normal sei. Ich habe seit ich hier bin allerdings so meine Probleme mit der Schrift und auch mit der Sprache.
Jetzt spreche ich schon kein Spanisch und das baskische ist mir völlig fremd. Am Anfang hatte ich überhaupt keine Ahnung was die Leute zu mir sagten, wenn sie mich grüßten. Jetzt geht es langsam.

Mir ist auch aufgefallen, dass überall die baskische Flagge hängt und auf vielen Wänden zu lesen ist wie sehr sich die Menschen hier nach Unabhängigkeit sehnen. Da ist wohl mal wieder einiges schief gelaufen in der Vergangenheit.
Für heute reicht es mir jedenfalls und ich kann nur sagen, dass ich die Leute hier insgesamt sehr nett und höflich finde.

Fotos von heute – Diashow

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